Sein oder Nichtsein?
Diese Frage sollten sich in Zukunft alle auf den Kanaren lebenden Residenten stellen. Dabei geht es hier nicht um die Frage der Existenz als solche, wie bei Shakespeare. Sondern um die Frage des steuerlichen Wohnsitzes. Anders gesagt: Ich habe eine „residencia“ (grünes DINA4 Blatt oder kleines Pappkärtchen) und bin auf den Kanaren steuerlich gemeldet. Oder ich habe den Wohnsitz in meinem Herkunftsland und zahle dort meine Einkommenssteuer.
Wie schon in den vorherigen Artikeln beschrieben, versucht der spanische Staat neben Steuerprüfungen auch durch neue gesetzliche Regelungen das Steueraufkommen zu erhöhen, um das Haushaltsdefizit zu verringern. Dabei wurde am 30. Oktober per Gesetzesänderung die Auskunftspflicht über Einkommen und Vermögen im Ausland eingeführt.
Ab Inkrafttreten des Gesetzes am 01 Januar 2013 müssen in diesem Rahmen Erklärungen für die Daten des Jahres 2012 bis Ende März 2013 dem Finanzamt übermittelt werden.
Diese Informationspflicht gilt sowohl für Privatpersonen, wie auch für Unternehmen, die steuerlich in Spanien (auf den Kanaren) ansässig sind und Vermögen im Ausland haben (was bisher nicht in der Buchhaltung oder Bilanz angegeben wurde).
Dabei stellt sich zunächst die Frage: Betrifft mich diese Regelung als Privatperson, die auf den Kanaren lebt? Oder tut es das nicht?
Aus Sicht des Steuerberaters ist es ratsam, in Zukunft mit dem Antrag der „residencia“ (auch hier wurden die Aufnahmekriterien verschärft) vorsichtiger sein. Denn der diesbezügliche Gesetzestext kann auch dahingehend interpretiert werden, dass der Antragsteller mittels der „residencia“, bestätigt, dass er beabsichtigt, auf spanischem Hoheitsgebiet steuerlich ansässig zu sein und dort auch die Einkommensteuererklärung über alle Vermögen und Einkünften zu machen.
In der Praxis indes ist es bisher so, dass nur diejenigen eine Steuererklärung in Spanien abgeben, die dort auch arbeiten oder ein Gewerbe betreiben. Rechtlich wird die steuerliche Ansässigkeit in Spanien und auf den Kanaren bisher im spanischen Einkommenssteuerrecht festgelegt.
Dort heißt es, dass eine Privatperson in Spanien steuerlich ansässig ist, wenn sie mehr sich als 183 Tage pro Jahr innerhalb des spanischen Hoheitsgebietes, wozu auch die Kanarischen Inseln, zählen aufhält oder aber dort ihren Lebensinhalt (z.B. Familie, Hauptwohneigentum, Einkünfte) hat. Wenn Sie eines dieser Kriterien erfüllen, dann sind Sie ein richtiger, (STEUER-) Resident auf den Kanaren und müssen hier Ihre Einkommenssteuererklärung abgeben. Zu der kommt ab 1. Januar 2013 auch die neue Erklärung über Einkommen und Vermögen im Ausland hinzu.
Nur: Was versteht der spanische Staat unter „Einkommen und Vermögen im Ausland“? Es geht hier in erster Linie um Werte von über 50.000 Euro. „Vermögen“ wird dabei drei Kategorien unterteilt: Kapitalvermögen, Vermögen aus Rechten und Werten (Aktien, Beteiligungen, Lebensversicherungen und Renten) und Immobilien. Jede einzelne Kategorie hat einen „Freibetrag“ von 50.000 Euro. Wenn dieser nicht überschritten wird, braucht man keine Erklärung abgeben.
Beispiel: Ein deutscher Rentner lebt auf den Kanaren und bezieht eine monatliche Rente von 2400 Euro, die er ordnungsgemäß in seiner jährlichen Einkommensteuererklärung in Spanien angibt. Darüber hinaus hat er noch in der Schweiz ein Festgeldkonto in Euro mit einem Saldo zum 31.12.2012 von 40.000 Euro und ein Haus in Deutschland – auf dem Lande – in dem er vorher gelebt hat, mit einem Wert von 45.000 Euro. Sein ausländisches Vermögen übersteigt insgesamt die 50.000 Euro Freibeträge. Könnte man meinen!
JEDOCH: Diese Denkweise ist nicht richtig, da pro Kategorie summiert wird: Kapitalvermögen 40.000 Euro, also unter 50.000 Euro – alles in Ordnung! Immobilien 45.000 Euro, also unter 50.000 Euro – auch alles in Ordnung! Der Rentner muss KEINE Erklärung über die Vermögen im Ausland einreichen.
ABER AUFGEPASST: Bei der Bewertung der Immobilie sollte man auf reale, nachweisbare Schätzungen zurückgreifen. Immobilien in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind in der Regel mehr wert als 50.000 Euro.
Abschliessend sollte sollte noch gesagt werden, dass man diese neue Auskunftspflicht nicht einfach ignorieren sollte. Oder darauf bauen, dass der Spanische Staat nicht an die Informationen herankommt, denn in dem neuen Gesetzt wurden ebenfalls Maßnahmen zur Amtshilfe und Informationsaustausch mit anderen Staaten vereinbart.
Das Gesetz sitzt bei Falschangabe oder Verheimlichung hohe Strafen vor, deren Mindestsätze, je nach Vergehen, auf 1.500 Euro, 5.000 Euro und 10.000 Euro festlegt wurden.
Desweiteren wurden Regelungen über den Austausch von Informationen und Amtshilfe mit den Finanzämtern der europäischen Mitgliedsstaaten festgelegt.
Dr. Thorsten Wrage